, Arnet Carmela

Besuch einer öffentlichen Gerichtsverhandlung (Mordfall) in Luzern

 

 

Verein Gewerbe Schenkon                                                               live dabei an einer Kriminalgerichtsverhandlung

Bereits um 08.00 Uhr fanden sich am 25. August 21 Gwärbler vor dem Kriminalgericht in Luzern ein, um die Verhandlung eines der grössten Kriminalfalles der letzten Jahre live mitzuverfolgen. Im Januar 2014 hatte ein kurdischer Syrer seine um 18 Jahre jüngere Cousine und Ehefrau brutal ermordet, weil diese einen neuen Freund hatte und die Scheidung verlangte.   Wer sich einen pompösen Saal vorgestellt hatte wurde enttäuscht. In einem schlicht gehaltenen Raum sassen an der Tischreihe nebst der Richterin Venetz und Mitrichter Felix Schürch (Anwaltspraxis in Sursee) auch der Referent, der Gerichtsschreiber und die Uebersetzerin (mangels ausreichender Deutschkenntnisse des Angeklagten). Ihnen gegenüber nahmen sowohl der Angeklagte und sein Verteidiger als auch der Staatsanwalt als Verteidiger des Opfers und die Verteidiger der zwei hinterbliebenen Kinder und des Zwillingsbruders des Opfers Platz. Nebst ein paar Anwaltspraktikanten und Polizisten waren rund 30 Zuschauer anwesend.   Gestartet wurde mit der Befragung des Beschuldigten, welcher zwar zugab, einen grossen Fehler begangen zu haben, aber nach kurdischer Tradition sei Ehebruch nicht tolerierbar und fordere den Ehrenmord, um die Familienehre wieder herzustellen. Er sei von zwei in Syrien lebenden Onkeln dazu gedrängt worden. Seine Frau habe um diese kurdische Tradition gewusst und mit dem Tod rechnen müssen.   Demgegenüber hielt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer fest, dass „ein Mord ein Mord bleibe und nicht zum Mördeli wird“. Es war eine kaltblütige Liquidation der Ehefrau. Ehrenmord liess er nicht gelten und forderte lebenslange Haft.   Vor der Mittagspause hielten auch die Verteidiger der Kinder und des Privatklägers ihre Plädoyers und forderten ihrerseits die Höchststrafe und finanzielle Genugtuung für den erlittenen Schaden.   Nach der kurzen, aber wohl verdienten Mittagspause im „Unterlachenhof“, wo Reto Grüter für die Gwärbler ein Blitz-Menü servieren liess, kehrten wir wieder gestärkt in den zweiten Teil der Verhandlung zurück.   In seinem 1 ½ stündigem Plädoyer versuchte der Verteidiger, die Tat seines Mandanten zu rechtfertigen und plädierte auf Totschlag und forderte max. sieben Jahre Haft. Im weiteren forderte er ein ethnologisch-psychiatrisches Gutachten, damit dem Täter nicht volle Schuldfähigkeit attestiert würde. Diesem Antrag wurde (zum Glück) nicht stattgegeben, weil in diesem Fall die Wertvorstellungen, welche in der Schweiz gelten, massgebend seien.   Nach einer weiteren Fragerunde wurde um 16.00 Uhr die Verhandlung unterbrochen und die Richter zogen sich zur Beratung zurück (und die meisten Gwärbler zogen sich nach Hause zurück, um den schönen Sommerabend zu geniessen). Um 18.00 Uhr wurde das Urteil verkündet. Nur noch eine Handvoll Gwärbler mit langem Atem waren bei der Urteilsverkündung dabei: 20 Jahre Gefängnis und je Fr. 50‘000.—Genugtuung für die beiden Kinder.   Wir danken Herrn Felix Schürch für diesen interessanten und aussergewöhnlichen Einblick in den Gerichtsalltag. Merci Reto für diesen top organisierten Anlass!   Verein Gewerbe Schenkon Carmela Arnet     Nächster Anlass: 05. Sept. 2017: Besichtigung neuer Dorfkern bei OX’n